DIE KULTURTECHNIKER
Leipziger Volksstimme // 24.09.2004
Konzert mit schaurig-schönen Tönen
?Die Kulturtechniker" waren mit elektronischem Lesekonzert in Gardeleger Bibliothek zu Gast

Für Liebhaber von Schauerro-manen und gespenstischen Geschichten war am Mittwochabend die Gardeleger Bi-bliothek der richtige Aufent-haltsort. Im Rahmen des neunten altmärkischen Musik-festes gaben die ?Kulturtechniker", bestehend aus Schau-spieler Martin Hahnemann und Musiker Ralf Werner, ein faszinierendes Gastspiel in der Hansestadt.

Von Sebastian Prignitz
Gardelegen.
Basierend auf Edgar Allan Poes phantasti-scher Erzählung ?Der Fall des Hauses Usher", hier in der Übersetzung Arno Schmidts als "Ascher" bezeichnet, ent-warfen die beiden Künstler eine musikalisch umrahmte Schreckensszenerie, die mit stimmungsvollen Effekten die etwa 60 Zuschauer in ihren Bann zog und begeistern konnte.
Auf der kleinen Bühne in der Eingangshalle der Biblio-thek, mit Bücherregalen im Hintergrund und nah den Fenstern, an denen vom Sturm gepeitschte Äste kratz-ten, platzierten sich Hahnemann und Werner.
Eingetaucht in geisterhaft fahles, gelbes Licht und un-terstützt von den schaurig-schönen Cello-Tönen seines Partners, begann Hahnemann mit der Rezitation der un-heimlichen Ereignisse um das Haus "Ascher".

Künstler erzeugten eine geisterhafte Atmosphäre
Perfekt aufeinander abge-stimmt, ergänzten sich die beiden "Kulturtechniker" während des gesamten Kon-zertes in unnachahmlicher Weise. Auch durch dieses per-fekte Zusammenspiel erzeug-ten die beiden Künstler eine geisterhafte Atmosphäre.
Hahnemann selbst schaffte dies durch gekonntes Einset-zer. seiner Stimme Lind Werner öffnete die seelischen Ab-gründe der Protagonisten durch den Einsatz seines Cel-los und der hervorragenden
Live-Elektronik. Einmal hallten die Worte wie aus einer Gruft und das andere Mal kennzeichnete ein entnerven-des Ticken die Rastlosigkeit des Helden, dem sich der 'Kahnsinn des Hauses Ascher nicht- und mehr offenbarte.
Als in der Geschichte plötz-lich ein Fenster geöffnet wur-de und das Toben eines Stur-mes die bleichen Gesichter empfing, stieß Hahnemann die Glastür neben der Bühne mit einem Ruck auf und aus fahlem gelben Licht wurde ein bedrohliches Rot.

Bei Aschers Untergang erloschen alle Lichter
Peitschende Klänge umfin-gen die Anwesenden und als Hahnemann durch ständiges Wiederholen einer Textpassa-ge das Auftreten einer aus der Gruft entstiegenden Leiche darstellte. befand sich die Performance der "Kulturtechniker" auf ihrem schaurig-schönen Höhepunkt. Zum Ende dann, als das Haus Ascher in der Erde versank, erloschen auch in der Biblio-thek alle Lichter und für eini-ge Sekunden gab es eine be-freiende Stille.

Bibliotheks-Leiterin war hellauf begeistert
Dann brach der Applaus los. Der Applaus für eine her-vorragende und ideenreiche Performance, die geschickt und äußerst atmosphärisch die Literatur mit der Musik verknüpfte.
Auch Ursula Isenberg. Lei-terin der Gardeleger Biblio-thek, zeigte sich begeistert und sprach von einer gänzlich ?neuen Erfahrung" und riet den sich nun verabschieden-den Besuchern, ?nicht über den Friedhof zu gehen". Der auch anwesende Bürgermeis-ter Konrad Fuchs konnte sich daraufhin seine Bemerkung nicht verkneifen und sagte. ?dass sich niemand beeilen brauche, da ja die Lampen in der Stadt noch bis 22 Uhr an-geschaltet seien".
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