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Versunken die Stadt - Böll, Köln und der Dom
Ein elektronisches Lesekonzert
mit Texten von Heinrich Böll und Projektionen von Chargesheimer-Fotos
Ralf Werner
Violoncello & Live Elektronik
Martin M. Hahnemann
Schauspiel & Rezitation & Bildprojektionen
>>Von Ferne waren noch die Lieder der Prozession zu hören, aber nach ein paar Minuten war es ganz still, und ich wusste, dass die Prozession an der Kathedrale angekommen war. Ein Morgenkino leerte sich, und ich geriet in eine Gruppe jugendlicher Intellektueller, die schon über den Film zu diskutieren begonnen hatten. Sie trugen Trenchcoats und Baskenmützen und hatten sich um ein sehr hübsches Mädchen gruppiert, das einen sehr grünen Pullover und eine abgeschnittene amerikanische Drillichhose trug.
Langsam, ohne dass ich es wusste, schlenderte ich auf die Kirche zu, ging am Portal vorbei ohne aufzublicken, bis zu der Imbissstube, in der ich am Morgen gefrühstückt hatte.
"Sie wünschen, bitte?"
"Zigaretten, fünf", sagte ich leise, "die roten."
Ich suchte müde eine Münze aus meiner Tasche, steckte die Zigaretten ein, die der Invalide mir reichte, sagte danke und wartete.<<

"Versunken die Stadt" ist ein Streifzug durch das Köln der Nachkriegszeit und der Bonner Republik.
Die Textfragmente von Heinrich Böll (1917 - 1985), dem Nobelpreisträger des Jahres 1972, führen von der Phase der Trümmerliteratur über heitere Satire zu später Lyrik.
Die Entbehrungen der frühen Jahre stehen neben ergreifenden Momenten der Liebe. Auf ironische Kirchenkritik folgen Seitenhiebe auf die bundesdeutsche Wirtschaftswunder-Gesellschaft.
Bölls zeitlos elementare Sprache wird stimmungsvoll ergänzt durch Projektionen von Schwarzweiß-Fotos seines Kölner Zeitgenossen Chargesheimer (1924 -1971), dem avanciertesten deutschen Fotografen seiner Zeit.
"Versunken die Stadt" enthält Textpassagen aus:
"Die Brennenden" (1937)
"Der Engel schwieg" (1951)
"Besichtigung" (1951)
"Und sagte kein einziges Wort" (1953)
"Billiard um halb zehn"(1959)
"Köln III"(1971)

"Versunken die Stadt" (1984)
Idee, Text- und Bildmontage, Komposition: Ralf Werner
Premiere: 18.03.1998, DOMFORUM Köln
Dauer: 75 min, keine Pause
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